IMO-Zahlen (International Marine Organization) sind in der Schifffahrt die einmalige Kennzeichnung von Schiffen, die gewerblich mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 100 unterwegs sind. Und davon gibt es im Rotterdamer Hafen viele. Mit einer Fläche von 100 km² gilt er als der größte Tiefwasserhafen Europas und einer der größten und bedeutsamsten Seehäfen der Welt. Einzigartig ist auch der neue „Leuve-Pavilion“, den MoederscheimMoonen Architects hier errichtet haben. Auch dabei spielte die Zahl 100 eine wichtige Rolle.
Aus drei wird eins – das lässt sich bei diesem Projekt zweifelsfrei sagen. Denn an die Stelle von drei bestehenden Pavillons ist ein neuer getreten, der seinen Vorgängern in Größe und Ausmaß in nichts nachsteht. Auf einer beachtlichen Fläche von 1.400 m² haben die selbst aus Rotterdam stammenden Architekt/-innen von Moederscheim-Moonen Architects, die mit ihrer Arbeit das große Ganze zeichnen möchten, den „Leuve-Pavilion“ errichtet. Namentlich angelehnt an den Hafennamen „Leuvehaven“ – als ein Teil des beeindruckenden Rotterdamer Hafens, in dem sich der neue Pavillon befindet. Mit einer Breite von 8 m und einer Länge von bemerkenswerten 100 m haben die Architekt/-innen hier einen vielfältigen und zugleich kompakten Raum für das Hafenbesucherzentrum, die Werkstätten des Schifffahrtsmuseums sowie für ein Restaurant und eine Eisdiele geschaffen.
Die sehr geringe Breite und extreme Gebäudelänge sind den strengen städtebaulichen Auflagen geschuldet. Doch MoederscheimMoonen Architects haben daraus eine Tugend gemacht. Parallel zur bekannten Straße Schiedamsedijk und entlang des Kais verliert das Gebäude aufgrund seiner kreativ durchdachten Fassadengestaltung an Massivität und gewinnt sogar an Leichtigkeit. Wellenförmig zieht sich dabei ein Fensterband über die knapp 8 m hohe Fassadenfläche. Auf diese Weise entstehen bis auf eine Höhe von 6 m immer wieder transparente Bereiche, die Einblicke sowohl von der Straße als auch von der Wasserseite ins Innere erlauben. Dies vermittelt einen fließenden Eindruck sowie eine gewisse Offenheit des Gebäudes, das sich so perfekt in seine Umgebung integriert. „Das war auch der Stadtverwaltung wichtig, dass der Bezug zum historischen Hafen deutlicher und offener wird, mehr Sichtbarkeit erfährt und nicht von veralteten Gebäuden abgeschnitten wird“, erklärt Anneloes Dekker von MoederscheimMoonen Architects. „Dafür soll in den kommenden Jahren auch noch der Kai begrünt und die angrenzende Umgebung umgestaltet werden, um die Attraktivität zusätzlich zu erhöhen.“
Die gesamten nautischen Wurzeln von Rotterdam liegen in diesem Hafenviertel. Lange Zeit von Aktivität geprägt, beherbergt der „Leuvehaven“ heute das älteste Schifffahrtsmuseum der Niederlande und damit einen bedeutsamen Teil der hiesigen Geschichte. Damit war es für die verantwortlichen Architekt/-innen, die das Gebäude vom Vorentwurf bis zur technischen Ausführung geplant und begleitet haben, selbstverständlich, mit ihrem Gebäude Be-zug auf die Historie zu nehmen. So wurden bereits für die Stahlkonstruktion als primäre Tragstruktur Profile der ehemaligen Gebäude verwendet, um Materialien nachhaltig zu nutzen und zugleich ein Stück Geschichte im neuen Gebäude weiterleben zu lassen. Kombiniert mit ALU-COBOND®-Verbundplatten werden diese Aspekte der Nachhaltigkeit und des Transports von Historie in die Moderne zusätzlich aufgegriffen. Dank ihrer FCKW-freien Werkstoffe und ihrer besonderen Langlebigkeit und Wartungsfreiheit verhelfen die Verbundplatten dem Pavillon neben einer innovativen Fassade zu einer hohen Wertbeständigkeit und einem langen Lebenszyklus. Erfolgsversprechende Aussichten für die geschichtsgeprägte Architektur, auch zukünftig nichts von ihrem maritimen Glanz zu verlieren und Besucher/-innen auch in ferner Zukunft mit beeindrucken Geschichten aus der Schifffahrt und modernem Design begeistern zu können.
Darüber hinaus greift die Fassadengestaltung weitere geschichtliche Aspekte des Standorts auf. So bilden dreieckige Paneele an der Fassade – hier in ALUCOBOND® PLUS ausgeführt – ein dynamisches Spiel aus Licht und Schatten. Ihre Form bezieht sich dabei auf die Stahlkonstruktion der Lastenkräne, die lange Zeit das Hafenbild an dieser Stelle geprägt haben. „An manchen Stellen haben wir einige Dreiecke weggelassen, um zusätzlich Tiefe zu generieren. Darüber hinaus haben wir uns dazu entschlossen, die einzelnen Paneele mit Coil-Coating-Lack in Schwarz- und Anthrazitfarbtönen beschichten zu lassen, um das industrielle Aussehen zu unterstreichen“, so Anneloes Dekker. Die dreieckigen Elemente wurden dabei in verschiedenen Glanzgraden verbaut, was bei wechselnder Sonneneinstrahlung unterschiedliche Lichtreflexe hervorruft. Auf diese Weise entsteht ein schimmernder Effekt, der neben dem historischen Bezug gleichzeitig auf das vorherrschende Bild des Wassers innerhalb des Hafens eingeht.
Das Leben eines Gebäudes beginnt erst nach der Fertigstellung. Es wird besucht, es wird gearbeitet, ausgeübt und gelebt. Das Gebäude wird in das Leben der Nutzer und in die Umwelt eingebunden. Das Gebäude ist das Ende und der Anfang.
Anneloes Dekker, MoederscheimMoonen Architects
Im Inneren wurde die schwarze Farbgestaltung weitergeführt, mit modernen Elementen und erneut mit einem starken Bezug zum Wasser umgesetzt. „Es stimmt zwar, dass Schwarz streng genommen keine Farbe im traditionellen Sinne ist, da sie alle Farben des Lichts absorbiert, aber sie spielt eine wichtige Rolle in der architektonischen Gestaltung. Sie kann das Ambiente und die Stimmung eines Raums erheblich beeinflussen, Schwerpunkte setzen und das Raumerlebnis verbessern“, erklärt Anneloes Dekker. „Im Leuve-Pavilion haben wir uns dabei für einen Ton-in-Ton-Ansatz entschieden, um durch die Verwendung verschiedener Schattierungen und Glanzgrade auch hier einen Bezug zur Reflexion des Wassers herzustellen.“ Ergänzt werden die Innenräume durch kräftige Farbakzente in Gelb, die der architektonischen Komposition Charakter und Identität verleihen und zugleich als Orientierung dienen, da alle Innenfunktionen fließend miteinander verbunden sind.
Vom Informationszentrum können interessierte Gäste direkt in die Werkstätten des Museums gehen und so vor Ort die Schweißer-, Schmiede-, Tischler- und Instandhaltungsarbeiten an historischen Flotten bestaunen. An den beiden Gebäudeenden bieten das Restaurant und die Eisdiele den Besucher/-innen zusätzlich Raum für Aktivität und Entspannung mit regionalem Ambiente. Unter den auskragenden Vordächern, die dem Pavillon eine besondere Sichtbarkeit verleihen, entsteht dabei eine hohe Aufenthaltsqualität mit spannenden Lichtspielen. In der Gebäudemitte befindet sich zudem eine große Treppe, die auch als Tribüne fungieren kann und die Straßenseite mit dem Kanal verbindet. Sie komplettiert die vielfältigen Ansätze, die dafür sorgen, das historische mit dem aktuellen Hafenleben zu verbinden. „Ich denke, es ist ein großartiger Hotspot geworden, zwischen der Coolsingel – der Hauptstraße im Zentrum von Rotterdam – und der berühmten Erasmusbrücke“, sagt Architekt Erik Moederscheim. Zweifelsfrei ist der „Leuve-Pavilion“ – als neuer Port im Rotterdamer Hafen – ein Blickfang, der Glanz ausstrahlt.
Objekt: Leuve-Pavilion, Rotterdam, NL
Bauherr / Nutzer: Gemeinde Rotterdam
Architekt: MoederscheimMoonen Architects, Rotterdam
Verarbeiter: Allpro BV, Waalwijk
Fotograf: Bart van Hoek
Material: ALUCOBOND® PLUS von 3A Composites GmbH
Farbtöne: Urban Jet Black, Black (326), Anthracite grey (105), Anodized Look (C34)
Brillux Produkte: Brillux Coil HDP Premium-Lack 5582
Die 3A Composites GmbH entwickelt, produziert und vermarktet seit 1969 hoch-qualitative Aluminium-Verbundplatten, strukturelle Verbundwerkstoffe, Kunststoff- und Leichtstoffplatten für die Bereiche Architektur, visuelle Kommunikation sowie Transport & Industrie. Mit den berühmten Marken ALUCOBOND®, DIBOND®, ALUCORE®, KAPA® und FOREX® hat sich das Unternehmen weltweite Bekanntheit erarbeitet.